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Der Name der Rose
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Immer wieder wird versucht eine Rose genau zu bestimmen, ihren “wahren” Namen zu ermitteln. Ein sehr lobenswertes Anliegen, aber wie soll das vonstatten gehen?
Im Vorwort der Neuauflage der Kataloge des Kaufmanns Wilhelm Keller, Duisburg aus den Jahren 1828, 1829 und 1833 schreibt Ralf Berster, Rosensammler und Initiator des Rosenhang Karben:
...Damals war es der Phantasie und Kreativität des Züchters überlassen, wie er die Rosen, die er verkaufte benannte und beschrieb.
Oftmals war die Nachfrage nach einer bestimmten Züchtung größer als der Züchter erhofft hatte.
Was also tun, wenn die Bestellungen zahlreicher waren als der Vorrat?
Gab es da nicht noch eine ähnliche Schwester, vielleicht sogar mehrere? Dann konnte man die unter dem gleichen Namen verkaufen, schließlich gab es keine Bilder und Beschreibungen sind Auslegungssache.
Wilhelm Keller konnte 1833 keine Reine des Violettes anbieten, sie war noch nicht gezüchtet, allerdings befindet sich in seinem Katalog „Die königliche Violette“ und die Beschreibung kann durchaus auf Reine des Violettes zutreffen: Mitte dunkelcarmoisin, Umgebung hochviolettaschfarbig, platt, mittelgroß
Der kaiserlich-königliche Hofgärtner Theodor Niethner kann 1880 Reine des Violettes schon gekannt haben, denn Mille-Mallet führte diese Rose 1860 ein. Er beschreibt sie so: Blüten dunkelviolett, Centrum hellroth, gross, gefüllt, flach
Im Rosenlexikon von August Jäger aus dem Jahr 1936 wird Reine des Violettes als purpurviolett, Mitte hellrot, mittelgroß bis groß, gefüllt, flach, einzeln bis zu 5 Blüten, mittlerer Duft (Flieder), Herbstblüher, zuweilen remontierend am alten Holz, Zweige glatt, braun gefleckt, aufrecht, 1 m, hart beschrieben.
Patrick Taylor schreibt 1995 zu dieser Rose:
Diese Remontant-Rose bringt das ganze Gartenjahr über immer wieder verschwenderisch volle Blüten hervor. Die prallen Knospen mit den dekorativen, flügelartigen Kelchblättern erscheinen zunächst intensiv karmesinrot. Im Juni öffnen sich die üppig gefüllten Blüten (Durchmesser 9 cm), deren leuchtendes Violett mit Rosa- und Purpurtönen durchsetzt ist. Die dicht gedrängten Kronblätter, die mit einem Netzmuster dunkler gefärbten Adern überzogen sind, wirbeln in alle Richtungen und formieren sich zu lockeren Vierteln. Vor dem Verblühen werden die Blüten bauschig. Sie duften schwer und intensiv nach Moschus. ......Höhe: 1,20 m
Zieht man in Betracht, dass Jäger rund 75 Jahre nach Niethner eine beinahe identische Beschreibung der Blüte liefert, - die unterschiedliche Bezeichnung der Blütenfarbe, dunkelviolett/purpurviolett, kann man auf den Wandel der Sprache in 75 Jahren zurückführen - sollten beide gleiche Rosen gesehen haben, oder?
Vielleicht hat Jäger aber auch bei Niethner abgeschrieben?
Taylor hingegen beschreibt vielleicht eine ganz andere Rose, denn weder Niethner noch Jäger schreiben von dunklen Adern in den Blütenblättern. 1995 Leuchtendes Violett mit Rosa-und Purpurtönen, 1936 purpurviolett, Mitte hellrot?
Hat Mille-Mallet nach England vielleicht nicht das Original geliefert oder erhielt Niethner eine Schwester der Reine des Violettes? Sind die Unterschiede in den Beschreibungen nur sprachliche Varianten? Aber Fliederduft bei Jäger und Moschusduft bei Taylor?
Niethner und Jäger nennen Mille-Mallet als Züchter, Taylor und spätere Autoren nennen den Züchter Millet-Malet.
Peter Beales beschreibt 2002 die Blüten der „Königin der Violetten“ als ...manchmal reizvoll im Laub verborgen.......sie sind von einem weichen samtigen Violett und öffnen sich flach und geviertelt, als Krönung duften sie auch noch herrlich. Die Blüten verfallen sehr schnell.
Über das Laub sagt er: Das Laub ist graugrün und fühlt sich weich an, zum Wuchs und den Zweigen gibt er an: ein aufrecht wachsender, fast stachelloser Strauch mit kräftigen, aufrechten Zweigen......Höhe 150 cm, Breite 90 cm, dauerblühend. In der Beschreibung der Zweige stimmt er weitgehend mit Jäger überein.
Roger Phillips und Martin Rix beschreiben die Blüten 2004: Ihre großen Blüten öffnen sich kirschrot, um sich dann violett zu verfärben. Die Rose duftet sehr süßlich und remontiert gut. ..... Die Triebe erreichen bis zu 2 m Länge und tragen kaum Stacheln
2008 beschreibt Francois Joyaux die Reine des Violettes:
Wuchs: Aufrechter Strauch mit etwa 180 cm Höhe, sehr wenig Stacheln,
Laub: graugrün, stumpf, dicht, ovale Fiederblättchen
Blüte: Groß, gefüllt, geviertelt, mit kleinem Knopf, flach schalenförmig. Mäßige Nachblüte.
Farbe: Samtiges Violettrot; abseits der Petalen heller, silbrig nuanciert
Duft: Sehr gut
David Austin schreibt zu dieser Rose 2009: sie remontiert zuverlässig, die Blütenfarbe ist satt, samtig purpurfarben, im Verblühen zu Parma-Violett übergehend, die Blütenform wird als stark gefüllt, flach rosettenförmig, geviertelt mit einem Knopf in der Mitte beschrieben, der Wuchs als aufrecht und 120 bis 150 cm hoch.
- Niethner: Blüten dunkelviolett, Centrum hellroth, gross, gefüllt, flach, Jäger: purpurviolett, Mitte hellrot, mittelgroß bis groß, gefüllt, flach, Taylor: üppig gefüllt, leuchtend Violett mit Rosa- und Purpurtönen durchsetzt....Netzmuster dunklergefärbten Adern überzogen, Beales: weiches samtiges Violett, flach geviertelt, Phillips/Rix: ...öffnen sich Kirschrot um dann zu violett zu verfärben, Joyaux: samtiges Violettrot, abseits der Petalen heller, silbrig nuanciert, gefüllt, geviertelt flach, Austin: samtig purpur, im Verblühen Parma-Violett?
- Fliederduft bei Jäger, Moschusduft bei Taylor, herrlicher Duft bei Beales, sehr süßlicher Duft bei Phillips/Rix, sehr guter Duft bei Joyaux, Austin macht keine Angabe zum Duft?
- Zuweilen remontierend bei Jäger, das ganze Gartenjahr über blühend bei Taylor, dauerblühend bei Beales, gut remontierend bei Phillips/Rix, mäßige Nachblüte bei Joyaux, zuverlässig remontierend bei Austin?
- 100 cm hoch bei Jäger, 120 cm bei Taylor, 150 cm bei Beales, 200 cm bei Phillips/Rix, 180 cm bei Joyaux, 120 bis 150 cm bei Austin?
Auf Grund der Beschreibungen in der angeführten Literatur vermag ich meine beiden Varianten der Reine des Violettes nicht zu identifizieren. Zwei Varianten? Ja, z.Zt. sind „Reine des Violettes“ und „Reine des Violettes hell“ im Handel zu erhalten.
Meine „Reine des Violettes“ stammt von Ralf Berster vom Karbener Rosenhang und meine „Reine des Violettes hell“ von Schmid, Memmingen.
Wie kann ich herausfinden ob es sich überhaupt um besagte Rose handelt, wenn es nach den Beschreibungen unmöglich ist? Auch die Fotos im Netz und in den Büchern sind in der Farbe, teilweise auch im Blütenaufbau zu unterschiedlich um Schlüsse daraus zu ziehen.
Gen-Analyse? Aber was kann ich damit beweisen? Letztendlich nur, ob es sich tatsächlich um einen Sämling von „Pius IX“ handelt, dann aber auch nur, wenn mir zum Vergleich der echte, wahre Pius zur Verfügung steht und wer kann/will das garantieren?
Beweisen lässt sich auch anhand des Genoms ob es sich bei den beiden Varianten um ein und dieselbe Rose handelt.
Ich sehe zwar die phänotypischen Unterschiede der beiden Varianten, aber wenn es ein und dieselbe Sorte ist, dann sind die Genotyp-Merkmale, die Banden, identisch. Man müsste folglich ganz gezielt nach einer mutierten Stelle auf den Banden suchen, sonst sagt mir der Gentest, dass beide identisch sind, aber noch lange nicht, dass es sich wirklich um die von Millet-Malet 1860 gezüchtete Reine des Violettes handelt.
Bei mir bleibt es also dabei:
„Reine des Violettes, Herkunft Karben“ und „Reine des Violettes hell, Herkunft Schmid, Memmingen“ sind zwei wunderschöne Rosen, wenn eine davon die von Millet-Malet 1860 gezüchtete Reine des Violettes ist, dann wäre das wie ein Sechser mit Superzahl im Samstags-Lotto.
Die Fotos meiner beiden "Reine des Violettes" sind absichtlich bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen aufgenommen worden um zu dokumentieren, dass Fotos "lügen können", aber auch das unterschiedliche Alter der Blüten spielt gerade bei diesen beiden Rosen eine große Rolle.
Beide Rosen remontieren spärlich.
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Reine des Violettes, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Herkunft Schmid, Memmingen |
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Reine des Violettes, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Herkunft Schmid, Memmingen |
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Reine des Violettes, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Herkunft Schmid, Memmingen |
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Reine des Violettes, Knospe, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Knospe, Herkunft Schmid, Memmingen |
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Reine des Violettes, Austrieb, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Austrieb, Herkunft Schmid, Memmingen |
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Blatt weich, samtig |
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Blatt hart, leicht glänzend |
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Reine des Violettes, Blatt, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Blatt, Herkunft Schmid, Memmingen |
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junger Trieb mit Borsten und Stacheln |
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junger Trieb völlig glatt |
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Reine des Violettes, Trieb, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Trieb, Herkunft Schmid, Memmingen |
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Reine des Violettes, Blattstiel, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Blattstiel, Herkunft Schmid, Memmingen |
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Reine des Violettes, Nebenblatt, Stipules, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Nebenblatt, Stipules, Herkunft Schmid, Memmingen |
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Reine des Violettes, Stachel, Herkunft Karben |
Reine des Violettes, helle Variante, Stacheln sind nicht vorhanden, Herkunft Schmid, Memmingen |
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