In diesen Wochen blüht auch Pulmonaria, das Lungenkraut, im Volksmund auch Lungenwurz, Fleckenkraut, Hänsel und Gretel oder auch Adam und Eva genannt.
Die weißen Flecken auf den Laubblättern von Pulmonaria saccharata gelten im Volksglauben als Milch der Gottesmutter Maria.
Die Signaturenlehre sieht diese Flecken zusammen mit der Form der Blätter als Beweis für die Heilkraft der Pflanze bei Lungenleiden an.
In den Kräuterbüchern der Antike findet aber Pulmonaria keine Erwähnung, selbst bei Paracelsus ist zweifelhaft, ob er Pulmonaria officinalis als Lungenheilkraut meint und nicht Sticta pulmonaria, die Lungenflechte.
In den Listen der Staudengärtnereien sind 50 Sorten/Arten verzeichnet. Bei einem Sichtungsvergleich im Institut für Stauden und Gehölze in Weihenstephan (1999) konnten allerdings nur 29 Arten/Sorten geliefert werden, der Rest war nicht verfügbar.
Schon sehr bald stellte sich dabei heraus, dass falsche Zuordnung von Sorten zu Arten und Fehlbenennungen die Regel sind.
Die beliebte Sorte Pulmonaria angustifolia "Azurea", sie ist schon seit über 60 Jahren im Handel, ist auch eine Fehlbenennung. Es handelt sich dabei mit Sicherheit um einen Abkömmling der Art P. dacica, dem Siebenbürgischen Lungenkraut, das gleiche gilt bei "Blue Ensign", "Blaues Meer", "Mawson Blue" und noch etlichen anderen.
Obwohl lt. den Katalogen der Staudengärtnereien die Art P. dacica nicht kultiviert wird, ist sie in Wirklichkeit die meist angebaute Art.
Das natürliche Verbreitungsgebiet von P. dacica reicht vom östlichen Europa bis nach Ostasien, sie wächst in Buchenwäldern, Laubmischwäldern und waldnahen Wiesen.
P. angustifolia wird dagegen in Staudengärtnereien überhaupt nicht kultiviert, was eigentlich verständlich ist, da es sich um eine sehr kurzlebige Art handelt, die noch dazu im Garten schwer zu kultivieren ist. P. angustifolia, das schmalblättrige Lungenkraut, kommt vom Ural bis Franken und von Westungarn bis Südskandinavien in Eichen und Laubwäldern vor.
Eine vor langer Zeit erfolgte Fehlbestimmung hat sich so fortgeschrieben und wird sich vermutlich auch noch lange halten.
Die Sortenechtheit bei den Pulmonarien ist allgemein ein Problem. Es gibt kaum eine reine Art, was durch die starke Neigung der Pflanze zur Selbstaussaat und Bastardisierung erklärt werden kann. Um reine Arten/Sorten zu erhalten, müssten sämtliche Blüten vor der Samenbildung ausgebrochen werden.
Selbst so bekannte Pulmonariensorten wie "Sissinghurst White", "Dora Bielefeld" und "Lewis Palmer" gehören nicht zu den Arten – in diesem Fall P. saccharata – denen sie zugeordnet sind, sondern teilweise zu P. officinalis, teilweise sind es Bastarde verschiedener Arten.
Ganz verwirrend ist das Bild bei der Sorte "Mrs. Moon", da ist es fraglich, ob die ursprüngliche unter diesem Name registrierte Züchtung überhaupt noch vorhanden ist, das Gleiche gilt für die Sorte "Frühlingshimmel".
Aber lassen wir uns durch dieses botanische Durcheinander nicht die Freude an den frühen Blüten der Pulmonarien nehmen und sehen sie uns einmal ohne jegliches Suffix an.
Der Blütenstand ist traubig, die Einzelblüte kelchförmig. Die Blüten wechseln ihre Farbe im Laufe der Alterung aufgrund einer pH-Wert Veränderung des Zellsaftes.
Pulmonarien gehören zu den Borretschgewächsen (Boranginaceae). Die Blüten sind mit die ersten Nektarquellen für die Insekten im Frühjahr. Gern werden die Blüten von Hummeln besucht.
Pulmonarien lassen sich gut im Schatten von Bäumen und Hecken kultivieren, sie benötigen einen humusreichen, sehr nährstoffhaltigen Boden, sie mögen eine gleichmäßige Bodenfeuchtigkeit von frisch bis feucht, kurzzeitig wird aber auch Trockenheit vertragen, stehende Nässe hingegen nicht. Tropfenfall von Bäumen und Büschen wird ebenfalls vertragen, allerdings reagiert die Pflanze auf hohe Luftfeuchtigkeit bei geringer Luftbewegung mit Mehltauanfälligkeit.
Gegen Ende der Blütezeit – oft erst Mitte/Ende Mai – kann man die Pflanzen teilen. Dazu nimmt man den gesamten Horst auf und zieht ihn leicht mit den Händen auseinander, dabei ergeben sich "Sollbruchstellen", dort wird geteilt.
Die Samen haben ein eiweißreiches Anhängsel, welches gern von Ameisen verzehrt wird, das eigentliche Samenkorn bleibt dann liegen. Bei der hohen Keimfähigkeit dieser Art wird sicherlich eine neue Art/Sorte entstehen.
Auf eine Beschreibung der Arten/Sorten möchte ich aus den im Text genannten Gründen verzichten (kann bei Bedarf jederzeit nachgereicht werden), auch auf die Nennung von Bezugsquellen.
Man sollte sich blühende Pflanzen in einer Staudengärtnerei ansehen und nach Habitus, Blattfärbung, Blütenfarbe kaufen und sich in diesem Fall nicht auf botanische Bezeichnungen verlassen.
Eigentlich ist die Bezeichnung ja nebensächlich, Hauptsache die Pflanze gefällt und mag an dem ihr zugedachten Platz leben.