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Der Hausbaum
Ein Garten ohne Baum ist kaum vorstellbar.
Der Baum gilt als Symbol der Stärke und Dauer, er gibt Schutz und Geborgenheit, er prägt mit seinem Habitus einen Ort, ein Grundstück.
Eine Selbstverständlichkeit aus vergangenen Jahrhunderten wurde durch die moderne Landwirtschaft fast ins Abseits gedrängt. Moderne, große landwirtschaftliche Maschinen brauchen Platz, Wendeplatz auf dem Hof, eine breitere Einfahrt zu Stall und Scheune.
Dieser Notwendigkeit musste oft der Hausbaum weichen.
Aber nicht nur der Zwang zur anderweitigen Nutzung des Hofraumes führte zur Beseitigung vieler Hausbäume im ländlichen Raum, der herbstliche Laubabwurf mit der daraus resultierenden Mehrarbeit war ein weiterer Grund zum Abholzen großer Laubbäume in Hof und Garten. Ebenso wurde oft der Schattenwurf als Grund für die Beseitigung angeführt, dabei ist der lichte Schatten eines Laubbaumes im Sommer doch gerade auf dem Hof und dem Sitzplatz sehr angenehm.
Völlig unpassend wurden oftmals Nadelhölzer gesetzt.
Auf städtischem Gebiet findet man bei den Häusern zwar meist Gärten, die aber eher mit Obstbäumen bestückt sind und oftmals auch kaum Möglichkeit bieten, einen Ruheplatz unter einem Hausbaum zu gestalten. Familien, die ein Haus kaufen, legen schon viel Wert auf einen nutzbaren Garten, aber oftmals ist dieser so klein, dass er unterteilt als Nutz- und als Ziergarten gestaltet wird. Dabei ist es doch auch schon immer ein Kindertraum gewesen, in einem großen Hausbaum eine Baumhütte sein eigen nennen zu können.
Die Hausbäume prägten das Ortsbild, im nordhannoverschen Raum waren es meist Linden, die vor den Eingängen der Höfe standen, aber auch sehr viel Eichen.
Der Versuch zu klären, ob es einen Zusammenhang mit der Hofstelle und dem Hausbaum, in diesem Fall Linde oder Eiche, gibt, ist gescheitert.
Niemand konnte mir einen Hinweis darauf geben, auch mein Ansatz aus dem Hausbaum auf den wirtschaftlichen Wohlstand des Bauern zu schließen, scheiterte, obwohl in den Sagen Mittel- und Nordeuropas die Linde als der Lieblingsbaum des Volkes dargestellt wird, während die Eiche für „höher“ Privilegierte stand.
Vor kleinsten Hofstellen stehen oft Eichen, während bei Großbauern die Linde als Hausbaum diente. Eine Auffälligkeit möchte ich noch erwähnen: Oft stehen mehrere Eichen auf dem Hofgrundstück, Linden aber höchstens 2 oder 3, liegt es dies daran, dass das Fällen von Linden im Mittelalter erlaubt war, das Schlagen von Eichen aber nicht und sich diese Tradition fortgesetzt hat?
Die in den südlicheren Bundesländern oftmals stark beschnittenen und geformten Linden sind hier die Ausnahme.
Soll nun ein neuer Hausbaum gepflanzt werden, sollte man sich unbedingt im Ort genauestens umsehen und einen für die Umgebung typischen Baum wählen.
Heimische Laubbäume Winterlinde, Stieleiche, Kastanie, Walnuss, starkwüchsige Mostbirnen und Süßkirschen können je nach Platz durchaus als Hausbaum gesetzt werden, aber auch Hainbuche, Feldahorn, Eberesche, sowie Apfel und der schwarze Holunder waren früher auf dem Lande als Hausbaum zu finden.
Als Sinnbild für Lebenskraft steht der Hausbaum für die Bewohner des Hauses, er soll sie schützen und leiten.
Der häufigste Hausbaum ist wohl die Linde (Tilia), auch als des "Heiligen Römischen Reiches Bienenweide" bezeichnet.
Linden können weit über 1000 Jahre alt werden, das Lindenholz ist weich und weiß und wurde gern für Schnitzarbeiten verwandt.
Das Zeichen der freien Grundbesitzer im Mittelalter war das Lindenblatt, die Linde gilt als Baum der Unsterblichkeit in Mitteleuropa, viele Sagen, Legenden und Mythen ranken um sie, oft wurde sie besungen und bedichtet, unter ihr wurde Gericht gehalten, prophezeit, geopfert, getanzt und geliebt, denn die Linde ist der Göttin Freya in der nordischen Mythologie heilig.
Orte wie Leipzig (Lipko=Lindenort) und Linz (Lindenhain) wurden nach ihr benannt, die Linde ist das preußische Wahrzeichen.
In Mitteleuropa sind nur zwei Lindenarten heimisch, die Winterlinde (Tilia cordata) und die Sommerlinde (Tilia platyphyllos), die sogenannte Holländische Linde scheint eine Zufallskreuzung beider Arten zu sein.
Heute kann man unter 50 verschiedenen Lindenarten wählen, die sich hauptsächlich in Höhen-und Breitenwachstum unterscheiden.
Die Eiche als Hausbaum kann auch auf eine lange Tradition zurückschauen.
Die Stieleiche oder Deutsche Eiche, die bis zu 50 m hoch werden kann, wächst auf tiefgründigen, mäßig feuchten Böden relativ rasch.
Eichen können - ebenso wie die Linden - innen hohl, teilweise faules Holz haben, eine Seite kann schon abgestorben sein, die andere Seite grünt aber weiter. Werden ihre Blätter im Frühjahr von Raupen gefressen, treibt sie zuverlässig im Juni/Juli wieder neu aus.
Wer eine Eiche pflanzt glaubt an die Zukunft, denn Quercus robur blüht das erste Mal im Alter von 50 Jahren und hat mit 100 Jahren erst den typischen Habitus.
Die tiefreichende Pfahlwurzel ist so fest verankert, dass der Baum eher bei Sturm abbricht als samt der Wurzel umzukippen.
In ca. 1400 deutschen Ortsnamen wird die Eiche als landschaftsprägender Baum geehrt, Eichenburg, Eichstätt, Schöneich, Eickelborn etc.
Eichen gelten als Symbol für Standhaftigkeit, Tugend, Wahrheit, Zuverlässigkeit und Loyalität. Schon Sokrates schwor "bei der Eiche", kaum ein Orden oder höheres Rangabzeichen ohne Eichenblätter.
Die Bezeichnung "deutsche Eiche" prägte der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724 - 1803), nachträglich noch änderte er seine frühen Gedichte, aus "Lorbeerschatten" wurde "Eichenschatten" aus Hainen wurden Eichenwälder.
Wer eine Eiche als Hausbaum pflanzen möchte, hat heute die Auswahl zwischen vielen verschiedenen Arten.
Vorwiegend in Süddeutschland wurde die Walnuss wegen ihrer Ausdünstungen von der ländlichen Bevölkerung als Hausbaum gepflanzt, gern in die Nähe des "Stillen Örtchens", weil der Geruch der Walnuss lästige Mücken und Fliegen vertreibt.
Die Walnuss gilt als Symbol der Fruchtbarkeit, schon die alten Griechen warfen Walnüsse bei Hochzeiten. die Nüsse galten auch als Symbol der Unsicherheit im Eheleben- niemand weiß, was es bringt, niemand weiß, was er in der Nussschale vorfindet- eine verdorrte oder eine süße Nuss. Die botanische Bezeichnung "Juglan" setzt sich zusammen aus "Jovis" und "glans" = Jupitereichel, der deutsche Name Walnuss wird abgeleitet von "Welsch Nuss" und nimmt damit Bezug auf das Hauptverbreitungsgebiet, die welschen Lande, Südfrankreich und Italien. die Annahme, dass erst die Römer die Walnuss in Deutschland eingeführt haben, wird durch steinzeitliche Funde von Walnussschalen in Süddeutschland widerlegt.
In der Umgangssprache tauchen immer wieder Sprüche auf, die sich auf die Nuss beziehen, allerdings ist hier nicht ausschließlich die Walnuss gemeint.
So empfahl man auf Brautschau befindlichen jungen Männer: "Wer die Nuss will, biegt den Zweig herab, wer die Tochter will, geht um die Mutter herum"
Geheimrat Goethe ist für das Zitat "Gott gibt die Nüsse, aber er knackt sie nicht auf." bekannt.
Auf Plinius schon geht die Annahme zurück, dass in unmittelbarer Umgebung des Walnussbaumes nicht gedeihen könne, Isidor von Sevilla begründete dies über die sprachliche Verwandtschaft von nux und nocere= schaden. Auch in und um den Westerwald heißt es: "Was unterm Nussbaum wächst, taugt nichts."
Tatsache ist, dass nicht alle Pflanzen in der Nähe des Walnussbaumes wachsen mögen, sie sind unverträglich gegenüber den u.a. im Laub enthaltenen Gerbstoffen.
Aber warum nicht nur Rasen und eine Bank unter dem Nussbaum?
Die Blüten sind sehr frostempfindlich, daher kommen nur spätblühende Sorten für unser Klima in Frage, z.B. Rote Donaunuss, Esterhazy und der rotblättrige Walnussbaum. Da Juglans regia keine krassen Klimawechsel mag, ist es vorteilhaft sich einen Baum in einer nahegelegenen Baumschule zu besorgen.
Auch wenn man heute oft die Rosskastanie als Baum vor Bauernhäuser sieht, ursprünglich war es die Edelkastanie, die als Hausbaum diente.
Außer den ähnlichen Früchten haben beide Bäume botanischer Sicht nichts gemeinsam. Die Rosskastanie gehört zu den Rosengewächsen, während die Edelkastanie gemeinsam mit Buche und Eiche zu den Buchengewächsen zählt.
Schon im "Capitulare de villes" wird anbefohlen "Kestenbäume" zu pflanzen. In den Weinbaugegenden war die Edelkastanie ein regelrechtes Volksnahrungsmittel. Mit dem hohen Stärkeanteil der Früchte, sicherte die Marone das Überleben der Bevölkerung bei Missernten. Die meist im Oktober reifen Maronen wurden unter Laubhaufen gelagert, wo sie sich bis zu 6 Monaten frisch hielten.
Eine andere Konservierungsmethode war das wässern und dörren der Maronen, in eigens dafür errichteten Dörrhäuser. Je langsamer die Prozedur des Dörrens vor sich geht, umso haltbarer werden die Früchte. Nach den Trocken wurden die Früchte in Säcke verpackt und mit einem Hackstock geschlagen, damit sich die Schale löst. Kühl aufbewahrt halten sie sich so 2-3 Jahre. Bei Bedarf wurden die gedörrten Früchte gemahlen und mit Roggenmehl vermischt, daraus wurde das sogenannte "Baumbrot" gebacken, eine Spezialität, die man heute noch auf Korsika probieren kann.
Wer kennt es nicht, das geflügelte Wort "Die Kastanien aus dem Feuer holen", Christoph Lehmann schreibt im Florilegium politicum oder Politischer Blumengarten (1639) "Herrn stellen offt ein Diener an, wie der Aff die Katz, da sie mit den Pfoten die gebratenen Kesten ausm Feuer must scharren".
Diese Redensart entspringt einer orientalischen Tierfabel, in der ein Affe eine Katze veranlasst, geröstete Kastanien aus dem Feuer zu holen, die er dann sofort selbst verspeist.
Jean de La Fontaines (1668-94) Fabel "Der Affe und die Katze" basiert auf der orientalischen Erzählung.
Otto von Bismarck definierte mit dieser Redensart seine politische Strategie "Wenn andere Leute sich dazu hergeben, die Kastanien für einen aus dem Feuer zu holen, warum soll man das ihnen nicht gern überlassen?"
Castanea sativa kann bis zu 500 Jahre alt werden, der Stamm ist drehwüchsig und der Baum erreicht eine Höhe von bis zu 30 m und eine Breite von 20 m, er stellt keine besonderen Ansprüche an den Boden nur zu nass darf der Standort nicht sein.
Schon die keltischen Druiden glaubten, dass die Eberesche Fluch und Unglück fernhalte.
Als glückbringender Baum gilt sie auch in der germanischen Mythologie, an einer Eberesche soll Thor sich aus einem reißenden Fluss gerettet haben.
Die niederdeutsche Bezeichnung "Quitschenbaum" beschreibt die lebensfrohe Kraft, die der Eberesche zugeschrieben wird, queck= lebendig, frisch, munter
Als "Lebensrute" wurden zur Osterzeit und an Neujahr die Zweige verwendet, mit einem Bündel Ruten zogen die Kinder von Haus zu Haus und "pfefferten" die Bewohner. Dieser Schlag mit der Rute symbolisierte auch einen Fruchtbarkeitszauber.
Das flache Wurzelwerk der Eberesche gefährdet keine Hausfundamente, deshalb kann sie auch auf einem kleinen Grundstück in die Nähe des Hauses gepflanzt werden. Sie ist anspruchslos und absolut frosthart, der Boden sollte sauer bis leicht kalkhaltig, humusreich und lehmig sein.
Mehr als 60 Vogelarten fressen die im August reifenden Beeren, da erklärt sich der Name Vogelbeere, unter dem die Eberesche auch bekannt ist, von selbst.
Die botanische Bezeichnung Sorbus aucuparia erklärt eine weitere Nutzung der Eberesche durch die Menschen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. <aucuparia> leitet sich von <aucupium> = Vogelstellerei ab.
Der Singvogelfang zählte zu den Vergnügen des kleinen Mannes, unzählige Verbote fruchteten kaum bis um 1860 landeten viele Singvögel in deutschen Bratpfannen.
Mit ihren über 150 Volksnamen ist und war die Eberesche stark im Leben der Menschen über Jahrhunderte verankert, die Bezeichnung Eberesche stammt von dem althochdeutschen Wort "Eberboum" ab.
Der Irrglaube, dass Vogelbeeren giftig sind hält sich hartnäckig. Größere Mengen roh verzehrter Vogelbeeren können Magenbeschwerden hervorrufen, wie schon Hieronymus Bock schreibt: "...sie sind eines seltsamen unlustigen Geschmacks, so man derer zuviel isst, machen sie unwillen..."
Verantwortlich dafür ist die Parasorbinsäure in den Früchten, diese wird durch Kochen zerstört, deshalb verarbeitet man die Beeren am besten zu Saft und Gelee.
Die Beeren der Eberesche enthalten mehr Vitamin C als Zitronen.
Wer nun erwägt eine Eberesche als Hausbaum zu pflanzen, sollte die mährische Eberesche (Sorbus aucuparia var. moravia) wählen, deren Früchte enthalten nicht so viele Bitterstoffe, der erwähnte "unlustige" Geschmack wandelt sich in ein gesundes, schmackhaftes Nahrungsmittel.
| © Christiane Frost 3.3.2015
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