Die Akelei
"Die Schönen Wilden", "Streuner im Gartenbeet", "Unkraut", "wo nichts wächst, wächst Akelei" alle diese Aussagen haben ihre Berechtigung, wobei ich persönlich zur der ersten und zweiten Darstellung tendiere.
Schön sind sie allemal die "schwebenden" Blüten der Aquilegia vulgaris, der gemeinen Akelei, und Streuner sind sie auch, falls man es unterlässt rechtzeitig die Balgfrüchte zu entfernen.
....aber warum sollen sie auch nicht, ist es wirklich nicht hübsch, wenn an unerwarteter Stelle im Garten – am Fuß des Kaminholzstapels, an der Schuppentür oder direkt neben dem Regenfass eine Akelei ihre meist blauen, nickenden Blüten im Mai und Juli sehen lässt?
Man trifft sie aber auch an Waldrändern, in Eichen- und Buchenwäldern und andere Arten auf Bergwiesen. Die Akelei kommt nur auf der nördlichen Erdhalbkugel, hauptsächlich in den gemäßigten Klimazonen vor, sowohl in Japan als auch in Neu-Mexico ist sie zu Hause.
Alles in allem eine verspielt-romantische, unkomplizierte Staude, deren englischer Name „Columbine“ viel besser zu ihr passt als das "harte" Akelei.
Die zahlreichen wild wachsenden Arten der Akelei sind schon seit dem 15. Jahrhundert in den Gärten als Stauden gern gesehen. Hildegard von Bingen nennt sie in ihrem Kräuterbuch "Physica" Acheleia und Ageleia.
Sie soll gegen den bösen Zauber helfen, aber auch gegen Impotenz, jedenfalls empfiehlt sie Tabernaemontanus dafür mit den Sätzen: "So einem Mann sein Krafft genommen und durch Zauberey oder andre Hexenkunst zu den Ehlichen Wercken unvermöglich worden wäre, der trincke stätig von dieser Wurzel und dem Saamen, er genieset und komt wieder zurecht."
Auch empfiehlt er sie bei Erkrankungen der Leber und Milz, als Heilmittel bei Wunden, bei Gelbsucht und Wassersucht.
Matthiolus bemerkte über die Kraft und die Wirkung der Akelei: "Welcher Breutgam durch Zauberey ungeschickt geworden ist zu ehelichen werken, der trinke von einem Auszug dieser Wurzel und vom Samen und er genest."
Hieronymus Bock wunderte sich über die geringe Verbreitung der Akelei als Heilmittel.
Die Akelei wird seit etwa 1800 auch in den offiziellen Heil- und Arzneikräuterbüchern nicht mehr aufgeführt.
Akelei findet man auch auf den Gemälden des Mittelalters oft der Madonna zugeordnet, wie bei dem Gemälde im Nordhäuser Dom zum Heiligen Kreuz, das Konrad von Soest zugeschrieben wird.
Albrecht Dürer malte die Akelei und Goethe widmete ihr ein paar Zeilen: "Schön erhebt sich die Agley und senkt das Köpfchen herunter. Ist es Gefühl oder ist es Mutwill? Ihr ratet es nicht!"
Der botanische Name lässt verschiedene Deutungen zu, einmal von dem Lateinischen <aqua> = Wasser und <legere> = sammeln oder <aquilegium> = Wasserbehälter oder ganz anders von < aquila> = Adler bezogen auf die angebliche Ähnlichkeit der Blütensporne, mit Adlerkrallen.
Es lohnt sich einmal die Blüte der Akelei genauer zu betrachten:
«Elfenhandschuh» werden die Blüten der Akelei auch im Volksmund genannt. Mit Phantasie entdeckt man tatsächlich fünf Kelch-Finger, in die graziöse Elfenhände passen könnten.
Die Blüte besteht aus zwei Blütenblattkreisen, von denen der äußere, mit fünf zugespitzten Blütenblättern, nach oben geschlagen ist. Der innere Kreis besteht aus den sogenannten Honigblättern, die abgerundet sind und zusammen eine Glocke bilden, diese läuft in den Spornen spitz nach hinten aus.
Die proterandrische (Protandrie = das Reifwerden der Pollen bei zwittrigen Pflanzen vor dem erforderlichen Reifestadium der Blütennarben um eine Selbstbestäubung zu verhindern) Blüte wird hauptsächlich von langrüsseligen Hummeln bestäubt. Sie gibt im Sporn reichlich Nektar ab. Von verschiedenen anderen Insekten werden daher die Blütensporne gerne seitwärts durchbohrt und die Pflanzen werden dabei nicht bestäubt.
Die Akelei enthält in allen Teilen das Gift Magnoflorin, sowie ein Blausäure bildendes Glycosid. Die Giftstoffe können bei empfindlichen Menschen Hautreizungen bis hin zur Blasenbildung verursachen. Durch den Verzehr von frischen Blüten und Blättern kann es zu Krämpfen, Herzbeschwerden und Atemnot kommen, genannt werden 20 g frisches Kraut als Dosis.
Die Akelei gehört zu der Familie der Hahnenfussgewächse (Ranunculaceae). Der Wurzelstock ist fleischig verdickt. Die Staude wird ca. 30 bis 80 cm hoch, die unteren Blätter sind langgestielt, dreilappig mit stumpfgelappten Endblättern, die oberen Stängelblätter sind sitzend.
Der Standort sollte feucht, humos und locker und halbschattig sein, aber es werden auch durchaus sonnige Plätze gut vertragen, sofern der Boden genügend Feuchtigkeit enthält.
An den Stängeln sitzen schon die ersten Balgfrüchte während sich noch ständig neue Blüten entfalten. Lässt man die Früchte reifen, säen sich die Pflanzen selbst aus – und niemand kann die Akeleien so geschickt platzieren wie sie sich selbst. Ein Umpflanzen nimmt der Akeleisämling, wenn man ihn mit möglichst großem Wurzelballen versetzt, nicht übel. Stehen verschiedene Sorten nebeneinander, vermischen sich die Farben und man kann Überraschungen erleben.
Die Akelei passt gut zu Omphalodes, Pulmonaria, Digitalis, Campanula, Tiarella und Trollius mit denen sie sich im Frühjahr und Frühsommer gut ergänzt, nach dem Verblühen wird sie verdeckt von Astilben, Aconitum, Cimicifuga und Herbstanemonen.
Heimisch bei uns sind:
Aquilegia atrata, die schwarzviolette Akelei, deren Stängel mit Drüsenhaaren besetzt sind, die Blüten sind schwarzviolett, die Staubblätter sind ca. 2 mm länger als die Honigblätter. Bevorzugte Standorte sind steinige Abhänge und Felsen (Kalkgestein)
Aquilegia vulgaris, die Sporne sind hakenförmig gebogen, die Blüten sind 2,5 bis 3,5 cm lang, die Staubblätter ragen kaum oder gar nicht aus der Blüten, die Blüte ist blauviolett, bevorzugte Standorte sind lichte Laubwälder und Wiesen. Hiervon gibt es viele Gartenformen in den Farben dunkelrot, blau, weiß, blauweiß, rötlichweiß und allen Zwischentönen. Von dieser Art gibt es viele Hybriden für den Garten:
Aquilegia Vulgaris-Hybride‚ "Alba", weiß, Mai bis Juni
Aquilegia vulgaris‚ "Anemonaeflora", dunkel-rot, Mai bis Juni
Aquilegia Vulgaris-Hybride‚ "Dunkelblaue Riesen", dunkelblau, Mai bis Juni
Aquilegia Vulgaris-Hybride‚ "Hensol Harebell", blau, Mai bis Juni
Aquilegia Vulgaris-Hybride‚ "Nora Barlow", blüht im Mai bis Juni mit kugeligen, aus vielen spornlosen Blütenblättern bestehenden Blüten in blassgrün-rot.
Aquilegia Vulgaris-Hybride‚ "Superba", violettblau, Mai bis Juni
und noch einige andere.
Aquilegia nigricans, die dunkele Akelei mit braunpurpurnen Blüten und weit herausragenden Staubgefäßen, die in den Alpen und dem Alpenvorland, aber auch auf der Schwäbischen Alb wild wächst.
Aquilegia alpina mit 5 – 8 cm großen Blüten von intensiv blauer Farbe, sie bevorzugt steinige Abhänge, Hochalmen bis 2500 m und Weiden, die Blütezeit ist später als bei A. vulgaris, die Blüten stehen in 2 –3 blütigen Trauben, die Blätter sind gefiedert. Sie ist in der Kultur heikel und auch selten, meist sind unter diesem Namen Hybriden im Handel, z.B. A.alpina hort. "Superba". Wo es ihr gefällt sät sie sich allerdings reichlich aus und bildet Kreuzungen mit anderen Arten.
Aquilegia einseleána, Einsele’s Akelei, sie wurde erst 1847 entdeckt.
Die Pflanze ist sehr zart und trägt nur eine kleine Blüte.
Sie kommt nur auf Geröllhalden und auf grasigen Abhängen in den südlichen Kalkalpen vor, ob sich diese Art überhaupt im Garten kultivieren lässt, entzieht sich meiner Kenntnis.
Am verbreitetesten in den Gärten ist wohl A. caerula (syn. A macrantha) aus dem Westen von Nordamerika ("Staatsblume von Colorado"mit einem 3 – 4 cm langem Sporn, von ihr gibt es viele Hybriden einschließlich der bekannten "McKana"-Hybriden und den "Teicheriana Hybriden Plena", die an verzweigten Blütenstielen kleine gefüllte Blüten tragen, vor allem in den Farben rot, weiß, blau und violett. Sie blühen im Juni und Juli und können eine Höhe von 80 cm erreichen.
Aquilegia Caerulea-Hybride‚ "Musik Blau-Weiß", blau, Mai bis Juni
Aquilegia Caerulea-Hybride‚ "Musik Reinweiß", weiß, Mai bis Juni
Aquilegia Caerulea-Hybride‚ "Musik Rosa-Weiß", weiß, Mai bis Juni
Aquilegia Caerulea-Hybride‚ "Musik Reingelb", hell-gelb, Mai bis Juni
Aquilegia Caerulea-Hybride‚ "Musik Rot-Weiß", rot, Mai bis Juni
Aquilegia Caerulea-Hybride‚ "Olympia Rot-Gold", leuchtend-gelb, Mai bis Juni
Aquilegia Caerulea-Hybride‚ "Olympia Blau-Weiß", blau, Mai bis Juni
und noch einige andere.......
Aquilegia Caerulea Hybriden‚ "Mc Kana" mit besonders langgespornten, sehr großen Blüten haben in der Regel gelbe oder weiße Kelchblätter (Honigblätter), während die Blütenblätter in zahlreichen Farben leuchten. Die Pflanzen können bis zu 1 m hoch werden und brauchen (persönliche Meinung) unbedingt einen dunkleren Hintergrund, sei es durch eine zu der Blütezeit schon hochgewachsene, noch nicht blühende, Staude, einen Strauch oder auch eine dunkle Wand. In ihr vereinen sich A. caerulea, A. chrysantha und A. formosa.
Aus Texas und Arizona stammt A. chrysantha, die mehr Sonne und Wärme als andere verträgt. Sie trägt große hellgelbe, langspornige, duftende Blüten auf bis zu 1 m hohen Stängeln. Auch diese Art ist an vielen Kreuzungen beteiligt.
Aquilegia chrysantha, leuchtend-gelb, Juni bis August
Aquilegia chrysantha‚ "Silver Queen", weiß, Juni bis August
Aquilegia chrysantha‚ "Yellow Queen", goldgelb, Juni bis August
Im östlichen Nordamerika ist die mit roten Blütenblättern und gelben Kelchblättern, die in gerade rote Sporne auslaufen, geschmückte A. canadensis beheimatet. Ihre Höhe beträgt ca. 50 cm. Die Blütenblätter sind nach vorn gerichtet, nicht zurückgeschlagen. Die Staubgefäße und der Griffel ragen weit aus dem Kelch. Das Laub ist farnartig mit zweifach- dreifingerigen Blättchen, wobei jedes Blättchen nur eine Länge von 1 bis 2 cm erreicht.
Mit nur 15 cm Höhe ist die A. discolor an einem halbschattigen Platz im Steingarten gut aufgehoben. Ihre Blüten sind hellblau mit weiß und kurzspornig. Ihre Heimat ist das nördliche Spanien
Mit stark gemaserten, gefächerten, blaugrünen Laubblättern schmückt sich eine weitere Steingarten-Akelei, A. flabellata var. pumilla (syn. Aquilegia akitensis), die zwergige Fächer-Akelei. Sie wurde 1887 aus Japan kommend bei uns eingeführt. Ihre Heimat liegt in Japan, Korea, auf den Kurilen und auf der Halbinsel Sachalin. Ihre Blüten sind cremeweiß mit einwärtsgebogenen Spornen, jeder Stängel trägt bis zu 3 Blüten, die halbnickend angeordnet sind. Auch diese Art neigt zur Selbstaussaat, obwohl bis zur Keimung 2 Jahre vergehen können und zur Hybridisierung.
Aquilegia Flabellata-Hybride "Blue Angel", hell-violett, 20 cm, Mai bis Juni
Aquilegia Flabellata-Hybride "Ministar"“, blau, weiß, 15 bis 20 cm, Mai bis Juni
Aquilegia Flabellata-Hybride "Nana Alba"“, weiß, 15 cm, Mai bis Juni
Hängende, gespreizte Blüten hat Aquilegia formosa (syn. A. arctica). Die orangefarbenen Blütenblätter sind weit abgespreizt, die gelben Kelchblätter haben rote Zipfel, der Sporn ist rötlichorange und steil aufgerichtet. A. formosa erreicht eine Höhe von bis zu 70 cm. Die Heimat ist das westliche Nordamerika von Alaska bis Kalifornien.
Aquilegia sibirica, die sibirische Akelei, aus dem Amurgebiet, der Mongolei und Sibirien, wurde 1806 bei uns eingeführt. Sie passt gut in Steinanlagen, möchte aber einen kalkarmen bis sauren Boden in schattiger Lage. Die Blütenfarbe ist violett, die Höhe beträgt ca. 30 cm.
Die Züchtung "Biedermeier" von Walther/Pötschke aus dem Jahr 1957 hat rosaviolette Blüten.
Duftende Blüten aus grünlichen Blütenblättern und purpurbraunen Kelchblättern hat Aquilegia viridiflora aus Westchina und Russland. Auch sie bleibt relativ klein mit einer Höhe von 30 cm.
A. saximontana hat tiefblaue Blütenblätter, die Honigblätter sind gelblichweiß. Sie wird nur 10 bis 15 cm hoch und stammt aus den Rocky Mountains. (saximontana = lat. Bezeichnung der Rocky Mountains)
Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Arten und Sorten, die aber im Garten keine Rolle spielen und auch kaum bzw. sehr schwer zu beschaffen sind.
Auf eine Besonderheit möchte ich aber doch noch aufmerksam machen, die Semiaquilegia ecalcarata, die spornlose Scheinakelei, die 1915 aus Westchina nach Europa kam. Kleine Blüten ohne Sporn in Tiefpurpur trägt diese 20 cm hohe Pflanze.
Bezugsquellen: Saatgut gibt es beinahe überall, in Fachgeschäften auch sortiert nach Sorten,
fertige Pflanzen in jeder Staudengärtnerei, die Spezialitäten sind eine Suche wert.
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